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... auch wissenswert!

Steigende Baukosten angemessen berücksichtigen!

Der Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. stellt fest, dass immer häufiger Vergabeverfahren vorzeitig beendet und aufgehoben werden, da eingehende Angebote die von öffentlichen Auftraggebern geschätzten Kosten teils deutlich übersteigen. Der Verband kritisiert insbesondere die damit einhergehenden Nachteile für die Bauwirtschaft.

(Pressemitteilung Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. vom 10.01.2020 „Öffentliche Auftraggeber unterschätzen Baupreis-Steigerungen“)

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V., Herr Rainer von Borstel, führt hierzu aus: „Die Preise am Markt haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. So ist es zu erheblichen Kostensteigerungen im Materialeinkauf und zu Mehrkosten in den Firmen durch gestiegene Löhne gekommen. Auch die Problematik der Entsorgung von Erdaushub mit den immens gestiegenen Kosten spielt hier eine erhebliche Rolle.“

Mit der Schätzung des Auftragswertes befasst sich § 3 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge, kurz Vergabeverordnung bzw. VgV. So ist beispielsweise gemäß § 3 Abs.1 VgV bei der Schätzung des Auftragswerts vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen.

Von entscheidender Bedeutung ist der Zeitpunkt dieser „Kostenschätzung“ (bei dieser Schätzung ist nicht diejenige gemeint, wie sie die HOAI als Kostenermittlung vorsieht). Gemäß § 3 Abs.3 VgV ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.

Wird bei der Einleitung des Vergabeverfahrens also auf Schätzungen zurückgegriffen, die bereits älteren Datums sind und damit die aktuelle Marktlage nicht berücksichtigen, kann dies ursächlich sein für das durch den Verband benannte Problem.

Problematiisch kann diese Situation aber durchaus auch für den öffentlichen Auftraggeber werden. Zwar ist dieser in einem solchen Falle berechtigt, das Vergabeverfahren aufzuheben. Er kann nicht gezwungen werden, den Zuschlag zu erteilen. Allerdings ist der Auftraggeber unter Umständen zum Schadenersatz verpflichtet, da er die Ursache für die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch eine sachlich nicht richtige Kostenschätzung selbst gesetzt hat. In der Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass die Aufhebung in solchen Fällen wirksam, gleichwohl aber rechtswidrig wegen Verstosses gegen das Vergaberecht erfolgt.

Als an dem Vergabeverfahren beteiligte Planer sollten Sie daher unbedingt darauf achten, dass unmittelbar vor Einleitung des Vergabeverfahrens die Schätzungen zu den voraussichtlichen Baukosten geprüft und deren Ermittlung dokumentiert werden.